Moin,
ich bitte um Entschuldigung, dass die Erklärung so lange hat auf sich warten lassen.
Und für die, die nicht ganz genau wissen worum es geht, zwischendrin ein bißchen Erklärung.
Also Problemstellung ist, aus einer *.stl die aus einem 3D-Scanner kommt etwas zu zaubern, dass man in einem CAD Programm be- und verarbeiten kann. Das ist sogenanntes Reverse Engineering.
Wir arbeiten bei uns im Büro schon sehr lange mit 3D Daten, die mit einem Laser generiert werden. Wir nutzen das als Aufmaß, um die Innenräume von Schiffen und Yachten zu erfassen. Im Gegensatz zum Hochbau gibt es hier im Roh(Stahl)bau deutlich mehr Ecken die einem Probleme machen können. (Spanten, Steifen, Kniebleche etc.)
Die einzelnen Aufmaßpunkte, die zu Polylinien zusammengefasst werden, dienen uns dann zur Kontrolle und zur Anpassung der Stahlpläne von der Werft. Pro Raum haben wir es je nach Komplexität mit etwa 100 bis 200 Messpunkten zu tun.
Die von einem 3D Bildscanner erfassten Daten liegen je Nach Objekt und Auflösung auch gerne schon mal bei 1000000 Punkten. Die von Hand nach zu bearbeiten ist deutlich schwerer.
Um das Ganze zu erleichtern gibt es Programme die mittels spezieller Algorithmen in der Lage sind aus den Punktewolken wieder Flächen zu machen, die man dann zu Volumenkörpern weiter verarbeiten kann.
Ich habe meine bisherigen Erfahrungen mit Rhino Reverse, einem Plug in für Rhino 4 gesammelt. Rhino 5 wird leider noch nicht unterstützt.
Aber nun zum Problem.
Nachdem ich Rhino Reverse installiert habe, starte ich Rhino und lade eine leere Vorlage. Ich nehme da immer Große Objekte in mm.
Nun starte ich Rhino Reverse über den Werkzeugkasten und wähle die *stl Datei aus, die ich bearbeiten möchte. Das geht entweder direkt über den Startbefehl von Rhino Reverse oder aber über Import(Datei/Importieren).
Wenn die Datei geladen ist, dann erscheint auch das Infofenster des Programms. Der Scan hat nix mit Schiffbau zu tun

Der stammt aus dem Fundus meines Chefs. Ein Herrenausstatter in Berlin nutzt 3D Scan Technik um seine Maßanzüge zu optimieren. Projektbezogenes darf ich leider nicht zeigen.
So ein menschlicher Körper ist schon recht komplex und da ich es mir für die Erklärung nicht zu schwer machen wollte, habe ich mich mal auf den Bereich der Nase beschränkt.
Ich mache einen Haken in „Live Edit“ falls nicht schon drin und beginne den Berreich um die Nase mit einer Polylinie zu umrunden. Polylinie übrigens laut Programm. Ich finde Spline würde für die Eigenschaften der Linie deutlich besser passen…
Den Abstand der Punkte setze ich so, dass die Linie schön anliegt.Beim setzen der einzelnen Punkte wird der Linienverlauf mit angezeigt und so kann man schön mit den Positionen spielen. Beim letzten Punkt bietet mir das Programm direkt an die Linie zu schließen. Danach zeigen die kleinen Punkte (Nurbs) an, wo sich anhand der Polylinie eine Fläche bilden würde. Unter Options(der Button mit den beiden Zahnrädern) kann man die Anzeigeeinstellungen aber auch ändern. Z.B. auf Hatching (Schraffur).
Durch Hinzufügen weiterer Polylinien kann ich den Flächenbereich ergänzen und durch Verschieben der Punkte kann ich den Verlauf verfeinern. Hier bei der Nase ist weniger allerdings mehr. Das hängt immer von Bauteil zu Bauteil ab.
Wenn ich mit meinen Polylinien fertig bin, wähle ich die Funktion RRCommit aus. Die Optionen in der Abfrage lassen sich durch einfaches Anklicken zwischen yes und no variieren. Ich bin hier immer noch ein bischen in der Findungsphase welche Option sich wofür am besten eignet.
Nach ein bischen Rechenzeit ist die neue Fläche dann auch schon fertig.
Das ganze lässt sich dann entsprechend in Rhino weiter bearbeiten. Z.B. mit einer Füllfläche verschließen und dann verbinden.
Rhino bietet dann ja die Möglichkeit in die gängigen CAD Formate zu speichern oder zu exportieren.
Fertig.
Seit ein paar Tagen habe ich auch noch ein 2. Programm in der Mache. Die Firma Rapidform bietet zum Reverse Engineering das Programm XOR 3 an. XOR ist komplett eigenständig und nicht als Aufsatz gedacht. Die Funktionen und auch die Möglichkeiten sind deutlich komplexer.
Hier kann ich den Kameraden komplett analysieren und zur Fläche umwandeln lassen.
Zum Export nehme ich im Moment noch den Umweg über Inventor (Live Export). Der Export direkt in ein gängiges Format stellt sich mir noch nicht so ganz dar. Aber für komplexe und große Bauteile scheint XOR deutlich besser geeignet.
Beide Programme haben übrigens einen Haken, den Preis. Rhino Reverse kostet ca 8000€ und ist damit etwa 8x so teuer wie das Hauptprogramm. Für XOR ruft Rapidform sogar knapp 20000€ auf. Deshalb arbeite ich bei beiden Programmen im Moment in der Testversion. Wir sind da im Moment noch in der Findungsphase in wieweit wir im Büro den Schritt gehen wollen.
Soweit zum Umwandeln von *.stl in ein verwendbares Format.
Ich hoffe, es hat euch ein bischen weiter gebracht.
Gruß aus Kiel
Kristian
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[edit]
Die Testversion von XOR gibt es hier:
http://www.rapidform.com/trial/Beide Programme sind übrigens Hardwarefresser, speziell XOR. Das Umwandeln und Exportieren des Männchens hat bei meinem Rechner insgesamt etwa 45min reine Rechenzeit benötigt.
(Intel i5 mit 4,3Ghz, SSD, 16 GB Ram, Win7 64bit und Nvidia Quadro FX 580)
Ich fürchte mit älteren Maschinen kommt man da nicht wirklich weiter oder muss deutlich mehr Zeit investieren...
